Am 14.04.2018 fand  unser diesjähriger „Stereo“- Workshop zum Thema Subwoofer statt.

Matthias Böde vom Fachmagazin „Stereo“ hat zu diesem Anlass wieder einige Zeilen geschrieben, die in der aktuelle Ausgabe (01/2019) abgedruckt sind. Hier nun sein Text zum Nachlesen:

Sanfte Druckmittel

Der Subwoofer ist eine unterschätzte HiFi-Komponente. Mit dem Team von Giese High Fidelity in Hannover zeigten wir in drei Anlagen, wie ein präzises „Druckmittel“ die Anlage audiophil aufwertet.

Das konnte doch gar nicht wahr sein, oder? Da tönte ein Paar von Focals ausgewachsener Stella Utopia EM samt elektromagnetisch angetriebenen, bratpfannengroßen 33-Zentimeter-Tieftönern nochmals hörbar räumlicher, gelöster und natürlicher, sobald es vom mächtigen REL-Woofer No.25 begleitet wurde. Und dafür musste es in der Vorführung bei Giese High Fidelity in Hannover, die sich dem Thema Subwoofer widmete, gar nicht hoch, also weder laut noch abgrundtief, hergehen. Es reichte, den Beginn von „I Remember Clifford“ aus dem ersten STEREO Phono-Festival anzuspielen. In dieser gibt’s vordergründig kaum Bass. Vielmehr hört man nach kurzer Applaussequenz den Saxofonisten Hans Dulfer samt Begleitung. Schaltete man den REL hinzu, erschien die Bühne der Live-Aufnahme in jede Richtung erweitert, hatte das Blasinstrument mehr Schmelz, kamen die Höhen duftiger und mit leicht goldenem Touch, und das Spektrum löste sich besser von den stattlichen Boxengehäusen, stand frei im Raum. Mehr Bass oder „Volumen“ nahm man indes so gut wie gar nicht wahr. Die „Ergänzungen“ lagen, wie beschrieben, ganz woanders, nämlich in audiophiler Sphäre.

REL´s No.25 – DER Referenz-Subwoofer

Selbst von der finanziellen Seite her gesehen war RELs stolze 7500 Euro teurer, mit allen Finessen des Woofer-Wesens ausgerüsteter und zudem bärenstarker, aber sanft und präzise bis in tiefste Klangstrukturen hinein wirkender Riese eine passende Ergänzung zu den Focals, deren Paarpreis ja satte 85.000 Euro beträgt. Doch zu diesem Zeitpunkt konnten die zahlreichen Besucher weder die Kosten noch die erstaunlichen Verbesserungen schockieren. Denn tatsächlich stand die Mega-Anlage erst am Ende des Workshops, war dessen krönender Abschluss. Und das Publikum bereits „eingestimmt“.

Den Start markierte Dynaudios kompakte Special Forty (um 3000 Euro/Paar), die in der geräumigen oberen Etage des Studios gewohnt beherzt aufspielte, aufgrund ihrer geringen Größe jedoch naturgemäß in den unteren Lagen limitiert war. Deshalb hatte das Giese-Team ihr den Subwoofer B&W DB4S (um 1600 Euro) zur Seite gestellt.

Dynaudio & Focal in Verbindung mit Subwoofern von REL & B+W
Den konnte die Dänin beim deftigen „If I Could“ der Blues Company – dieser wie alle im Folgenden genannten Titel finden sich auf den STEREO Hörtest-CDs VII und VIII – gut gebrauchen. Ohne den B&W beschwerte sich zwar niemand über mangelnden Druck, doch als er mitspielte, legte der Bass spürbar an Fülle und Vehemenz zu. Zugleich gewann Toschos Stimme an Sonorität und „Brust“, der weibliche Background-Chor, der zuvor leicht angestrengt tönte, an Lockerheit – und er rückt etwas nach hinten ab.

Bei Liza Minellis „Old Friends“ wurde die Weiträumigkeit des Live-Auftritts in der Carnegie Hall durch den Woofer erheblich unterstützt. Ohne fehlte es zudem etwas an Schub, wirkte die gesamte Darstellung enger und die Stimme der Minelli weniger farbig.

Interessant: Schaltete man die Boxen ab, war aus dem bis zu rund 50 Hertz hinauf arbeitenden B&W nur ein dumpfes Gegrummel zu vernehmen, in dem man das Stuück kaum erkannte. Aber dieses ist überaus wichtig, denn es komplettiert die Wiedergabe in Form tieffrequenter Signalanteile, die unserem Hörsinn wichtige Informationen zur Größe des dargestellten Raums – je größer, desto tiefer der Nachhall – sowie zur spektralen Struktur der Tonalität liefern. Damit dies klappt, sei es wichtig, dass der Subwoofer ebenso schnell wie präzise arbeite. Nur dann fördere er die Raumabbildung, Anmut und Natürlichkeit der Wiedergabe, fasste Workshop-Leiter Matthias Böde den Subwoofer-Background knapp zusammen. Auf grollende Fülle getrimmte, trägere AV-Modelle fürs Heimkino seien für hifidele Zwecke genau deshalb weniger geeignet.

Nächste Anlage – neue Verhältnisse. Focals Kanta No2 für 8000 Euro das Paar ist bereits solo so basskräftig, dass man anders als bei den Dynaudios kaum eine Zunahme in den unteren Lagen registrierte, wenn ihr der Subwoofer bei „If I Could“ beisprang. Dies war RELs ebenfalls feinfühlig auf den Lautsprecher einstellbarer S/5 (um 2500 Euro). Doch der Gewinn an Farbigkeit, Homogenität und Räumlichkeit war sofort evident. Übrigens war hier bei abgeschalteten Kantas und derselben Lautstärke kaum noch etwas aus dem hier nur bis zu 30 Hertz hinauf übertragenden Woofer zu hören.

Angesichts dessen war es umso erstaunlicher, wie „nachdrücklich“ er sich im Klangbild bemerkbar machte. Insbesondere auch bei Ravels Orchesterstück „Alborada del gracioso“. Bereits in der verhaltenen Ein- gangsphase vergrößerte sich die Bühne ebenso wie der Abstand zwischen den Instrumenten. Das kräftig zulangende Fortissimo kam entspannter rüber, stand breit, tief und hoch gestaffelt wie die Eiger Nordwand vor den Hörern. Nahm man den Woofer raus, ging sofort einiges von dieser Souveränität und Stämmigkeit verloren, geriet die Darstellung kompakter sowie musikalisch weniger dramatisch und brisant. Mit Woofer erschien die Anlage insgesamt erwachsener und reifer.

Matthias Böde @Alex Giese
Beim Chortitel „Mitt Hjerte Alltid Vanker“, der vordergründig gar keinen Bass aufweist, bewirkte der REL nicht allein homogenere Stimmen. Die Dimensionen des Kirchenschiffs, in dem die Aufnahme stattfand, erweiterten sich deutlich. Außerdem war die berückende Emotionalität mit Woofer ausgeprägter, ohne tönte es vergleichsweise nüchtern und etwas unverbindlich. Ein klares Votum für den Woofer! Nun war das Publikum eingehört und der Zeitpunkt für ein paar Experimente: Schoben wir bei Diane Pantons filigran gestricktem „So Nice“ die obere Grenzfrequenz des S/5 von 30 Hertz auf zirka 60 Hertz, büßte der Titel ein wenig von seiner Anmut und Grazie ein, wurde schwerfälliger, und Diane Pantons zarte Stimme erhielt zu viel Brust, erschien so zu mächtig. Zudem war das Timing leicht „schaumgebremst“.

Stellten wir den Woofer lauter, trat der Bass naturgemäß stärker in den Vordergrund, doch die negativen Einflüsse auf die Mitten und das Timing blieben gering, denn bei 30 Hertz war eben Schluss. Dennoch: Die korrekte Justage des Subwoofers auf den Raum wie auf die Lautsprecher ist das A und O für seine optimale Wirkung.

Für diese setzen Kenner oft zwei Subwoofer ein, die den Raum homogener tieffrequent beschallen sollen als einer. Wir taten dies ebenfalls, wobei ein zweiter REL S/5 hinter den tief gestaffelt sitzenden Zuhörern stand. Dieser wurde kabellos per Transmitter (um 300 Euro) vom ersten angesteuert. Tatsächlich bewirkte sein Einsatz eine weitere Öffnung sowie noch ausgeprägtere Gelöstheit der Klangbilder, was vorne wie hinten wahrnehmbar war und sich besonders positiv auf die Orchster- und Chorstücke auswirkte, die so obendrein dreidimensionaler erschienen. Offenbar eine gute Maßnahme, um den großflächigen Raum bei Giese effektiv tieffrequent „auszuleuchten“.

Das Subwoofer-Highlight setzte abschließend die eingangs erwähnte Mega-Anlage, die drastisch aufzeigte, dass es beim Thema Subwoofer nicht um grobschlächtige Bass-Holzerei geht, sondern – im Gegenteil – vor allem sanft und diffizil ans Werk gehende Druckmittel gefragt sind, die die Qualität der Wiedergabe in dieser Weise auf ein höheres Level „schieben“.

Der Bericht aus Stereo 01-2019 hier noch einmal in seiner originalen Form:

Subwoofer-Workshop @Alex Giese – Stereo 01-2019